Der Gottesdienst zur Konfirmation 2016 fand in der Kranichfelder Kirche statt. Konfirmiert wurden:
Milena Engel
Alexandra Mühe
Lucie Neubauer
Franz Hauspurg
Manuel Lamprecht
Felix Müller
Willi Podschun
Timm Schaumberg
Lewin Seidl
Predigt „Nimm Platz!“
von Pfarrerin Ulrike Schulter
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Wenn dieser Stuhl reden könnte, dann würde er mir zu rufen: „Setz dich und entspann dich mal wieder!“
Es ist mein Klappstuhl, der da steht und der mich seit 12 Jahren begleitet. Ich habe ihn, seitdem ich das erste Mal im Studium umgezogen bin. Danach ist er acht mal mit mir umgezogen. Er begleitet mich, auch wenn er doch so unscheinbar ist.
Ein Klappstuhl, der schnell in die Ecke gestellt ist und an den man erst denkt, wenn man zu viele Gäste in der Bude hat.
Lange hat er nur rumgestanden. Dann habe ich wieder monatelang auf ihm an meinem Schreibtisch gesessen, weil ich keinen anderen hatte. Dann umfunktioniert als Küchenstuhl und nun? Stets wartend, dass jemand vorbeikommt, damit er aufgeklappt werden kann.
Wenn dieser Stuhl reden könnte, wüsste er so einiges über mein Leben und meinen Lebensstil zu berichten. Wer bei mir zu Besuch war, wer öfter gekommen ist. Für wen ich ihn gar nicht erst aufgeklappt habe. Er wüsste zu erzählen, wie oft ich zu Hause nur rum gesessen habe und sinnlose Dinge im Fernsehen oder im Computer angeschaut habe. Er wüsste, wann ich traurig gewesen bin und er mir zu unbequem war. Er wüsste, wann ich rastlos war und nicht wusste, für was ich mich entscheiden sollte. Er wüsste zu erzählen, was mir wichtig ist.
Ein stummer Gegenstand, der mir heute zuruft: „Entspann mal wieder!“
So mancher Stuhl begleitet uns schon ziemlich lange. Ich denke da an Erbstücke oder an Küchenstühle. Auch an einen alten Ohrensessel denke ich. An eine Hollywoodschaukel oder den Campinghocker.
Heute stehen aber weder diese Stühle noch mein Holzklappstuhl im Mittelpunkt, sondern neun noch jungfräuliche Stühle. Die Klappstühle unserer 9 Konfirmandinnen und Konfirmanden.
– 2 –
Nimm Platz! Sag Ja!
Liebe Konfirmandinnen, liebe Konfirmanden, heute ist ein besonderer Tag in eurem Leben. Ihr habt euch entschieden, heute laut und öffentlich zu sagen, dass Ihr an Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist glaubt. Der Gott, der euch geschaffen hat und der euch im Leben begleiten will. Ihr sagt JA, zu einem Gott, der nicht einfach irgendwo weit weg ist, weder Legende noch Mythos.
Ihr glaubt an Gott, der einen Platz für euch in dieser Welt bereit hält. Heute sagt ihr JA zu diesem Platz. Als ein Zeichen dafür, bekommt jeder von euch heute seinen eigenen Klappstuhl geschenkt. Hier vorn sitzen die Konfis auf ihren gestalteten Stühlen. Jeder Klappstuhl ist einzigartig und individuell. Darauf Gemaltes und Wichtiges. Darauf der Konfi-Spruch.
Liebe Gemeinde, es ist ein großer Tag auch in ihren Familien. Denn auch Sie sagen als Eltern, Paten, Geschwister, Verwandte und Freunde ebenso: JA, nimm Platz bei Gott! Im Evangelium haben wir von Christus als dem Weinstock und uns als den Reben gehört. Als Christen können wir unseren Platz finden und Früchte tragen, wenn wir in Christus bleiben. Ihm vertrauen, dass er uns erhält, wohin wir auch gehen. Ohne Angst zu haben, unseren Platz bei Gott zu verlieren. Wir können nach einer falschen Entscheidung im Leben immer wieder zurück zu Gott.
„JA, nehmt Platz, liebe Konfis!“, rufe ich euch also zu!
Werdet zu mündigen Christen, die wissen, warum sie hier sitzen. Findet euren Platz in unserer Kirche. Findet euren Platz in der Gemeinschaft.
– 3 –
Auf vielen Stühlen habt ihr schon gesessen. Habt schon mal in der Klemme gesessen, wenn es um Wahrheit oder Lüge ging. Habt schon einmal zwischen 2 Stühlen gesessen und wusstet nicht, zu welchem Freund ihr mehr halten solltet.
Einen Platz an der Sonne, von dem träumen alle. Manche drängen nach vorn in die erste Reihe und manche geben sich mit ’nem Hocker am Rand zufrieden. Vielleicht habt ihr auch schon erlebt, wie einer am Stuhl des anderen sägt. Ihn zum Kippeln bringt, bis er umfällt. Das mein ich nicht nur aus Spaß!
– 4 –
Nimm Platz! Setz dich ein!
Aber tatsächlich seid Ihr nun in einem Alter, wo ihr mehr und mehr selbst aussuchen könnt, auf welchem Stuhl ihr sitzen wollt. Ist es der, den Eltern, Lehrer, Ausbilder und Professoren für euch aussuchen? Oder ist es einer, der nur ihr euch aussucht?
Manchmal ist der selbst ausgesuchte gar nicht der Richtige, manchmal haben auch Eltern der Freunde den richtigen Stuhl für euch bereit.
Lasst ihr andere auch einmal auf eurem Stuhl sitzen? Lasst ihr einmal andere Menschen hinein in euer Leben? Wenn es um Stühle geht, geht es auch immer ein wenig um Gastfreundschaft: Lade ich ein gemeinsam zusammenzusitzen, oder schließe ich aus? Wo finde ich meinen Platz in meiner Familie, in meinem Freundeskreis? Wofür möchte ich mich im Leben einsetzen? Wofür möchte ich einstehen? In wen oder was möchte ich mich hineinversetzen?
– 5 –
Wenn nun euer Konfi-Stuhl reden könnte … Zwei Jahre der Konfirmandenzeit sind nun vorbei. Zu Ende. Ihr habt in dieser Zeit Fragen gestellt. So manche Antwort gefunden. Ihr habt gelernt und ihr habt Spaß gehabt. Entschuldigungen gesucht und rumgealbert. Ca. 24 Gottesdienste besucht, vielleicht 40 Konfitreffs besucht, ihr wart in Heldrungen und in Siloah auf Freizeit. All diese Erlebnisse seien in euch, wenn ihr in Zukunft euren Klappstuhl aufklappt und euch setzt. Aber eben nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Zukunft steht auf eurem Klappstuhl geschrieben: Euer Konfirmationsspruch wird euch in die Zukunft geleiten.
Jedem von euch will der Spruch etwas mit auf den Weg geben, was ihr gut brauchen könnt.
Gott will mit euch sein. Egal, wo ihr euch hinsetzt. Für was ihr euch einsetzen werdet. In wen ihr euch hineinversetzt. Konfirmation heißt im Segen Gottes bestätigt zu werden und selbst seine Zugehörigkeit zu befestigen. Mit eurem Stuhl macht ihr es deutlich.
Wenn euer Klappstuhl reden könnte, würde er sagen: „Setz dich! Setz dich ein für eine Welt, in der es gerechter zugehen kann. Setz dich für Wahrheit und Ehrlichkeit ein! Setz dich ein für Schwächere! Setz dich ein für Fremde! Setz dich für Vergebung ein.“
Er würde sagen: „Du musst nicht immer in der ersten Reihe sitzen. Bleib gelassen, du bekommst deinen Teil im Leben. ‚Wer in mir bleibt, trägt gute Frucht!‘, spricht Christus. In Christus zu bleiben, heißt daran festzuhalten, dass du wunderbar geschaffen bist. Und zu glauben, dass es jeder andere auch ist. Klapp mich und nimm mich mit!“
Amen
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