Jetzt kommen sie! Ich stehe auf dem Pfarrhof und schippe Schnee. Meine Hündin stellt ihre Ohren hoch. Dann höre auch ich die neun Jugendlichen mit ihrem Betreuer. Zum ersten Mal sind sie hier. Schweres haben sie hinter sich. Aus vielen Gründen sind sie in der Betreuung von engagierten Erziehern, die sich der Waisen annehmen. In so jungen Jahren keine Eltern mehr zu haben, möchte sich keiner vorstellen. Kein Vater, der einem den Weg zeigt. Keine Mutter, die einen in die Arme nimmt.
In diesem Jahr lautet unsere Losung: „Gott spricht: Ich will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jes 66,13) Vielleicht ist es ihnen schon begegnet. Muttergefühle sind unermesslich tiefe Gefühle: Schutz geben, mitweinen, trösten und laufen lassen. Gott stellt sich mit diesem Vers in die gleiche Reihe. Wir dürfen es uns zusagen lassen, dass auch wir durch Gott getröstet werden, wie eine Mutter es tut. Als Christen glauben wir, dass einer immer tröstet, dass einer immer in den Arm nimmt und sagt: Du bist wunderbar! Deine Tränen werden trocknen! Gott zeigt sich uns auch in dieser Passionszeit auf dem Weg zum Leben und zur Auferstehung, die wir an Ostern feiern. Durchs tiefe Tal der Schmerzen geht Jesus hindurch zum Tod, um zum Leben zu werden.
Die Jungs spielen ausgelassen. Bauen einen Schneemann, werfen Schneebälle. Sie brauchen Freiheit. Sie brauchen Trost, wie andere Jugendliche auch. Sie müssen mit ihren Aufgaben besonders schnell wachsen, um sich irgendwann allein zurechtzufinden. Die Erzieher und Ehrenamtlichen im Projekt arbeiten darauf hin wie Mütter, die versuchen ihre Kinder ins Leben zu schicken. Wir haben als Kirchengemeinde JA gesagt, als die Anfrage kam, den neun Jungs ein bisschen Freizeit und Struktur zu schenken. Jetzt sind sie da, acht Wochen, jeden Nachmittag. Sechs afghanische und drei syrische Jungs auf dem Weg ins Leben.
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